Mordet på fjorden

 

Dieses Buch holte ich mir voller Enthusiasmus nach wenigen Wochenstunden von „Schwedisch für Anfänger“ – leider zu früh.
Abgesehen davon, dass ich viele Wörter nicht kannte, die bei den Vokabelangaben auf den einzelnen Seiten fehlten, mangelte es mir an einigen Grundlagen der Grammatik, die hier bereits vorausgesetzt werden. Enttäuscht legte ich die Lernlektüre bald wieder weg und dank der üblichen Ablenkungen (Uni, Leben, Uni) war sie für ein paar Monate vergessen. Zur Prüfungsvorbereitung kramte ich sie nochmals heraus und verstand fast alles, obwohl ich hinsichtlich der Grammatik immer noch viele Lücken aufwies. Beim Durcharbeiten einer anderen Lernlektüre (auf einem höheren Niveau) fielen mir rückblickend einige Schwächen dieses Buchs auf, wegen denen ich es nur eingeschränkt empfehlen kann.

Klappentext (vom Compact Verlag):

Eine Leiche auf der Fähre von Schweden nach Norwegen, eine Tote in einem luxuriösen Hotel in Stockholm nach Norwegen und ein junges Pärchen, das sich mehr und mehr in den Strudel des Abgrunds begibt – Hochspannung auf Schwedisch! Die drei fesselnden Kurzkrimis bieten abwechslungsreiches Lesevergnügen und machen das Sprachtraining unterhaltsam und effektiv.

  • Rund 40 textbezogene Übungen zu Textverständnis, Wortschatz und dem Schwerpunkt Grammatik
  • Vokabelangaben auf jeder Seite
  • Umfangreiches Glossar
  • Infokästen zu Sprache und Grammatik
  • Besonders einfache Selbstüberprüfung durch im Schwierigkeitsgrad ansteigende Übungen und einen Abschlusstest

Charlotte Müntzings Titelgeschichte „Mordet på fjorden“ (30 Seiten, vier Kapitel) weist manchmal Brüche auf, die den Lesefluss gerade für einen Sprachanfänger unnötig unterbrechen. Darüber hinaus plätschert die Erzählung von Anfang bis Ende vor sich hin, ohne dass es einen wirklichen Spannungsbogen oder Höhepunkt gäbe. (Natürlich ist es ein schwieriges Unterfangen, mit wenigen Worten und einfacher Grammatik wahr, gut und schön zu erzählen – es ist allerdings nicht unmöglich und spornt selbstverständlich eher zum Lesen an.) Manche Sätze wirken zudem, als hätte man noch ein paar Textbausteine unterbringen müssen, unabhängig davon, ob sie zum Rest passen. Hinsichtlich des Lerneffekts ist die Geschichte trotzdem gut, da viele Wörter dem Kontext entnommen werden können und sich die Grammatik intuitiv ergibt oder in kleinen Infokästen erklärt wird. Außerdem verwendet die Autorin zahlreiche Partikel, Präpositionen und Pronomen, die sich im Zusammenhang besser einprägen, als durch stumpfes Auswendiglernen. Nur wäre es hilfreich, mehr diese wichtigen Wörter in den Vokabelangaben neben dem Text aufzuführen (zum Beispiel anstelle von verschiedenen Speisefischen, deren genaue Bezeichnung für das Leseverständnis unnötig ist). Fehler entdeckte ich bisher nicht, allerdings mag das auch an meinen nicht überragenden Fähigkeiten zum Zeitpunkt der Lektüre gelegen haben. Der Schwierigkeitsgrad der Übungen, die angenehm in den Text integriert sind, liegt in der Regel etwas unter jenem der Geschichte.

Danach folgt „Fatal vänskap“ von Sanna Ad Nilsson und Helena Waupert de Puiseau (36 Seiten, 4 Kapitel zwischen Prolog und Epilog).

Hier gibt es ein paar neue Übungen und zahlreiche Info-Kästen, die über sprachliche, geografische Besonderheiten und kulturelle Eigenheiten der Schweden aufklären. Die hin und wieder schnellen Szenenwechsel verwirrten mich manches Mal, doch zumindest sorgten sie ebenso wie die teilweise anachronistische Erzählweise für Spannung. Auch die wörtlichen Reden wirken weniger künstlich als in „Mordet på fjorden“ und vermitteln darüber hinaus Emotionen, sodass sich früh ein guter Lesefluss einstellt. Zum Ende hin geht es dann in bester „Who’s done it“-Manier in – manchmal nur vermeintliche – menschliche Abgründe, bevor der Mord aufgeklärt wird und die Beerdigung stattfindet. Der Epilog wartet mit einem relativ glücklichen Schluss auf und bietet trotzdem noch einen letzten möglichen Twist, abhängig von deiner Lesart der Geschichte. Wenn du dich während der Lektüre fragst, ob du etwas nicht bzw. falsch verstanden hast, lies erstmal weiter: Die Szenenwechsel bieten den Raum für Ellipsen, die später nachgetragen werden. Sprachlich ist „Fatal vänskap“ deutlich abwechslungsreicher, wodurch sich ein schöner Stil ergibt, aber auch mehr unbekannte und nicht in der „Ordlista“ verzeichnete Wörter auftauchen. Ein Wörterbuch, ob als Printexemplar oder online ist in jedem Fall zu empfehlen, wenn du dich tatsächlich noch auf dem Niveau A1 befindest.

Die letzte Geschichte stammt wieder von Charlotte Müntzing und heißt „Blodig helg i Stockholm“ (32 Seiten, vier Kapitel) – wirklich blutig wird es jedoch nicht.

Bereits die ersten Zeilen erinnern deutlich an „Mordet på fjorden“ – leider! Abgesehen davon, dass hier teilweise Wendungen benutzt und sogar in der Wortliste aufgeführt werden, die man schon zuvor gelesen und möglicherweise selbst nachgeschlagen hat, entsteht durch den größtenteils parataktischen Aufbau Eintönigkeit. Glücklicherweise bessert sich der Stil auf den folgenden Seiten, und auch der Wortschatz wird um viele brauchbare Ausdrücke erweitert. Obwohl dieser Text ebenfalls nicht an Informationen zur schwedischen Esskultur arm ist, gibt es weitaus spannendere Hinweise zu entdecken, wie zum Beispiel ein Verweis auf den schwedischen Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Pär Lagerkvist. Am Schluss des zweiten Kapitels steigt die Spannung an und hält sich, bis die Geschichte mit einem deutlichen Twist endet. Der Lesefluss bleibt – abgesehen von den ersten Seiten – konstant gut und wird von den Übungen nicht unterbrochen, die teilweise aber Grammatikkenntnisse erfordern, die zumindest mein Schwedisch-Kurs im Bereich A1 noch nicht bieten konnte.

 
Zwei der drei Geschichten sind gut lesbar und relativ unterhaltsam, weshalb ich der Lernlektüre insgesamt drei von fünf Ballen gebe.

Da es für Sprachanfänger auf diesem niedrigen Niveau nur wenige Lektüren gibt, kann ich „Mordet på fjorden“ als Ganzes empfehlen, wobei ich dir rate, mit „Fatal vänskap“ zu beginnen und immer ein Wörterbuch griffbereit zu halten.